Fast vierzig Jahre nach der Tat wird der Kristallhöhlenmord im St. Galler-Rheintal in einem Buch neu aufgearbeitet. Der bekannte deutsche Profiler Axel Petermann hat dem brutalen Verbrechen ein ausführliches Kapitel gewidmet.
Gleich vorweg: Den Täter hat Petermann im Buch «Im Auftrag der Toten» nicht eruiert, aber ein ausführliches Profil vom möglichen Doppelmörder der beiden 15- und 17-jährigen Mädchen verfasst. Er ist männlich, ca. 25–35 Jahre alt, weder pädophil noch sadistisch und vermutlich alleinlebend. Petermann geht davon aus, dass der Mann gute Ortskenntnisse besass oder aus der Region stammte, die beiden Mädchen, die auf einer Velotour unterwegs waren, nicht kannte und die Tat nicht geplant war.
Ein «situativer Entschluss», schreibt Petermann. Es sei an jenem verhängnisvoll Mittag des 31. Juni 1982 ein zufälliges Zusammentreffen der beiden Mädchen und dem Täter an der Kreuzung Kobelwies in Oberriet gewesen. «Die Opfer waren zur falschen Zeit am falschen Ort.»
Mehrfach Tatorte besucht
Die Lektüre zeigt gut verständlich und informativ auf, wie ein Profiler arbeitet und bei seiner Arbeit vorgeht. Petermann war langjähriger Leiter der 1. Mordkommission in Bremen und Leiter der Dienststelle Operative Fallanalyse gewesen, so der deutsche Namen für Profiling. Im Buch nimmt Petermann immer wieder Bezug zu seiner früheren Tätigkeit.
Beispielsweise wenn er vom Vier-Phasen-Modell des FBI spricht. Dieses Modell zeigt, dass jeder Täter viermal Entscheidungen trifft: bei der Planung, der Tötung und der Beseitigung der Leiche und sein Verhalten in der Zeit nach der Tat. Deshalb sei es notwendig, nicht nur die Plätze aufzusuchen, an denen die ermordeten Mädchen versteckt wurden, sondern auch jenen Ort, an dem die beiden zuletzt gesehen wurden.
Dies hat Petermann akribisch gemacht. Er hat über mehrere Jahre immer wieder die Tatorte im Rheintal aufgesucht, sprach mit Angehörigen der beiden Mordopfern, mit Experten und Zeitzeugen und wertete ihm zugespielte Protokolle aus. So erhielt er bis dahin der Öffentlichkeit unbekannte Informationen, die es ihm ermöglichten, den Tatablauf der Morde zu rekonstruieren und Aussagen zum Profil des Täters zu treffen.
Gegenüber Crime Schweiz gibt Petermann Auskunft über den Doppelmord in Oberriet SG. Er sagt, warum er sich seit Jahren mit dem Fall befasst und was für Erkenntnisse er aus seinen Ermittlungen gezogen hat.
Herr Petermann, was hat Sie am Fall Kristallhöhlenmord so besonders interessiert?
Es ist ein rätselhaftes und facettenreiches Verbrechen, wie ich es selten bei den von mir bearbeiteten Tötungsdelikten erlebt habe: zwei junge Mädchen alleine auf ihrer ersten Velotour, ein geheimnisvolles letztes Foto von den Opfern, ihr plötzliches Verschwinden und ihr ungewisses Schicksal bis zu ihrem Auffinden, die mystisch anmutenden ungewöhnlichen Leichenverstecke in der Nähe der Kristallhöhle, die unbeantwortete Frage nach dem Motiv und der Herkunft der Täterschaft, das bange Warten der Angehörigen auf Erklärungen, der Sinn der Verjährung der beiden Morde nach 30 Jahren.
Es ist ein rätselhaftes und facettenreiches Verbrechen, wie ich es selten bei den von mir bearbeiteten Tötungsdelikten erlebt habe.
Axel Petermann, Profiler und Buchautor
Wie sind Sie überhaupt auf diesen Doppelmord gestossen?
Vor einigen Jahren, das Verbrechen jährte sich zum 35 Mal, fragte mich ein Journalist, ob ich mich nicht im Fall der beiden toten Mädchen mit ihm auf Spurensuche begeben könne. Ich kannte den Fall bereits aus den Medien und so stand mein Entschluss, ihn bei der Suche nach dem Motiv und dem Täterprofil zu unterstützen, stand schnell fest.
Wie kann man einen solchen alten Fall nach fast vier Jahrzehnte noch «bearbeiten»?
Der Erfolg der Ermittlungen hängt selbstverständlich von dem Aktenmaterial ab, das für die Recherchen zur Verfügung steht. Mir war es zunächst wichtig, dass ich wiederholt die beiden Fundorte der Ermordeten aufsuchte, um ein Gefühl für die Örtlichkeiten zu bekommen, um in einem zweiten Schritt, das vermutliche Tatgeschehen zu rekonstruieren. Dabei unterstützten mich zahlreiche Zeitzeugen: Ermittler, aber auch mit Menschen, die mit den Gegebenheiten rund um die Kristallhöhle zur Tatzeit vertraut waren. So entwickelte sich bei mir nach und nach ein Tatszenario, von dem ich ausgehe, dass es den tragischen Ereignissen von damals sehr nahekommt. Als mir dann auch noch Berichte mit Details zur Fundsituation und zur Todesursache zugespielt wurden, ließen sich meine bisherigen Annahmen zur Tat weiter konkretisieren.

Bild: ZvG
Was sind Ihre neuen Erkenntnisse?
Die Annahme der Ermittler, dass gegebenenfalls eines oder beide Mädchen nach einem Sturzgeschehen zu Opfern geworden sein könnten, halte ich für widerlegt. Für mich steht fest, dass es sich um zwei gezielte Tötungen handelt, wobei sich das Verbrechen primär gegen die ältere Brigitte Meier richtete; Karin Gattiker war als weiteres Zufallsopfer leider ebenfalls zur falschen Zeit am falschen Ort. Vieles spricht für einen Sexualmord. Überraschend aber auch die Stellungnahmen von sehr engen Verwandten der beiden Opfer, die auch nach fast 40 Jahren die Taten, die Ungewissheit und den Verlust den Tod der Opfer nicht verarbeitet haben und das erste Mal öffentlich mit mir darüber sprachen.

Wie muss das Verbrechen Ihrer Ansicht nach geschehen sein?
Unmittelbar nach der letzten Beobachtung von Zeugen an der Kreuzung Kobelwies – und in der Nähe der Kristallhöhle, dürften die beiden Mädchen auf einen Unbekannten gestoßen sein, dem es mit einfachen kommunikativen Mitteln gelang, sie zur Kristallhöhle zu locken. Hier entwickelten sich aus der Situation heraus die weiteren Taten. Beide Mädchen wurden gezielt getötet, eine von ihnen missbraucht und dann Täter nahe perfekt versteckt. Dabei ging der Täter ein sehr hohes Entdeckungsrisiko ein, was dafür spricht, dass er sehr gut mit den Örtlichkeiten vertraut und ein geübter Bergwanderer, wenn nicht gar Kletterer war.
Es gab auch immer wieder Menschen, die mit mir über die Verbrechen nicht sprechen wollten, fortan den Kontakt zu mir mieden und sich mir gegenüber gar feindselig verhielten.
Axel Petermann, ehemaliger Leiter Mordkommission in Bremen
Was waren die Reaktion im St. Galler Rheintal und Umgebung, als Sie sich wieder mit dem Fall auseinandersetzten?
Ich habe sehr unterschiedliche Reaktionen bei meinen Recherchen erlebt. Zum einen lernte ich sehr viele freundliche, interessierte und mich unterstützende Menschen kennen, die es nicht verstanden, dass der Täter der Morde nie belangt werden konnte, anderseits gab es aber auch immer wieder jene, die mit mir über die Verbrechen nicht sprechen wollten, fortan den Kontakt zu mir mieden und sich mir gegenüber gar feindselig verhielten.

Am 5. und 8. Oktober, um 19 Uhr wird Axel Petermann im Landgasthof Hölzlisberg, 9453 Eichberg im St. Galler Rheintal über seine Recherchen sprechen und aus dem Buch «Im Auftrag der Toten» lesen. Anmeldungen zu den Lesungen unter Tel. 071 755 38 38 oder info@landgasthof-hoelzlisberg.ch
«Im Auftrag der Toten»
Erscheinungsdatum: 13.09.2021
Verlag: Heyne
Seiten: 384
Crime Schweiz berichtete in einer dreiteiligen Serie bereits über die Kristallhöhlenmorde. Die Artikel sind unter den Titeln: «Was geschah damals bei der Höhle?», «Kristallhöhlen-Fall: Bei den Kindern ging die Angst um», «Kristallhöhlen-Fall: Der Profiler geht von einer ‘Zufallstat’ aus» erschienen.
Kurz und Bündig, zum Drittenmal eine glatte Enttäuschung. Ausser ein paar Zutaten der gleiche Brei wie beim Vortrag in Oberriet 2019. Keine Spur von relevanten Hinweisen auf den oder die Täter. Unverständlich, dass sich ein so hochkarätiger Profiler über eine solange Zeit auf die gleiche unqualifizierte Informationsquelle verlässt. In den gleichen trüben Teich fallen auch die übrigen ebenfalls nicht kriminalistisch ausgebildeten Mitstreiter, die sich ebenfalls wie eine Fahne im Rheintalerföhn als wissende Informanten aufspielen. Der im Buch unter dem Pseudonym Walter Ziegler aufgeführte Mann wehrte sich anlässlich des Vortrages zurecht, gegen die im neuen Buch erwähnte Behauptung, dass er zum Kreis der Verdächtigen gezählt habe Ebenso unglücklich erscheinen auch die breitgewalzten Verhältnisse in der Familie des späteren Opfers +B.G. Dasselbe gilt auch für die sträfliche Erwähnung eines Strafurteiles über einen ehemaligen Beamten, das nach einem rachesüchtigen Stallgeruch des Informanten riecht. Merkwürdig auch, dass die “Steinplatte” anfänglich 80 und dann 100 und plötzlich 600 Kg schwer gewesen sein soll. Durch und durch ein langweiliges Buch, wie die Lesung selbst.
Janusköpfiger Peter Steiner
Normalerweise reagiere ich auf weder auf Rezensionen oder Kommentare über meine Bücher, doch dieses Mal möchte ich eine Ausnahme machen und die Email von Herrn Steiner vom 23.09.2021 nach dem Erscheinen meines Buches Auf der Spur des Bösen hier veröffentlichen. Ein Mehr an Reaktionen durch mich bedarf es sicherlich nicht, um die Beweggründe des Schreibers nach meiner Ablehnung für eine Zusammenarbeit zu beschreiben.
“Guten Tag Herr Petermann
Mit grossem Interesse habe ich in Ihrem neuen Buch: «Im Auftrag der Toten», das Rätsel der Kristallhöhle/Velo-Ausflug in den Tod, gelesen. Herzliche Gratulation zu Ihrem Werk. Ich war im Sommer 2019 auch Zuhörer in Oberriet SG anlässlich Ihres Vortrages und durfte Sie dort bei einem persönlichen Gespräch kennenlernen. Im Weiteren recherchierte ich als Gründer der «IG Kristallhöhle» zusammen mit Thomas Benz von 2017 bis 2020 in dem inzwischen leider verjährten Mordfall recht intensiv.
Nachdem ja über den Fall schon verschiedene Romane und Geschichten mit «schwammigen Romanfiguren» geschrieben worden sind, sind Ihre tiefgründigen, professionellen und realen Tatnachforschungen für die Leserschaft ein besonderes Highlight und bestimmt auch ein Publikumsmagnet. Es stünde den Vorgesetzten der St. Galler Kantonspolizei und der Staatsanwaltschaft gut an, Ihre Aufzeichnungen als Lehrmittel für eine erfolgreiche Aufklärung von schweren Verbrechen zur Kenntnis zu nehmen und einzusetzen.
Geschätzter Herr Axel Petermann, sehr gerne würde ich Sie sobald als möglich für einen Gedankenaustausch treffen und Ihnen zu Ihren Recherchen noch ein paar ergänzende Informationen zum Fall abgeben. So stand ich Ende des vergangenen Jahres mit einem mit hoher Wahrscheinlichkeit Tatmitbeteiligten vor Gericht. «Mitgegangen Mitgefangen». Der Mann war zur Tatzeit 20 Jahre alt und inzwischen versieht er im Dienste des Kantons St. Gallen eine anspruchsvolle Tätigkeit. Ich habe ihn während rund drei Jahren schriftlich immer wieder aufgefordert, zur «Sache» zu stehen und seine aufgeladene schwere «Last» abzulegen und so wieder unbeschwerter durchs Leben gehen zu können. Es verlief ein hochinteressantes Gerichtsverfahren, in dessen Verlauf auch politische und religiöse Interpretationen und Einflussnahmen zur Sprache kamen.
Ich bin überzeugt, dass die vielen schriftlich vorliegenden Dokumente Ihnen neue Erkenntnisse eröffnen und dass der lange zurückliegende Fall noch aufgeklärt werden kann. Ist es möglich, dass wir uns noch vor der ersten Buchvorstellung treffen können? Ich bin pensioniert und fahre mit dem öffentlichen Verkehr (ÖV) und bin deshalb terminmässig unabhängig. Selbstverständlich würde ich Ihnen bei dieser Gelegenheit gewünschte Unterlagen abgeben.
Gerne erwarte ich baldmöglichst Ihre geschätzte Antwort und danke Ihnen für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüssen
Peter Steiner