Ein Mann, der die Partnerin und Mutter des gemeinsamen Kindes geschlagen und vergewaltigt hat, erhält die so genannte kleine Verwahrung.
«Es hat so richtig geknallt», sagt die Mutter bei der Befragung durch die Richterin am Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich, «es war ein fester Schlag ins Gesicht. Er kam mit Händen und Füssen auf mich zu und schlug weiter.» Es sei das gleiche Vorgehen gewesen, wie schon viele Male zuvor. Doch damit nicht genug. Im Februar 2017 sei die Lage komplett eskaliert. Der Mann habe sie brutal vergewaltigt, schildert die Frau weiter. «Ich war noch im Halbschlaf, als er mich wütend anschrie, ich soll die Wohnung aufräumen.» Dann habe er ihr das Pyjama vom Körper gerissen und ein Kissen auf den Kopf gedrückt, so dass sie kurzzeitig das Bewusstsein verlor und sei ihn sie eingedrungen.
Morddrohungen nach der Trennung
Auf die Frage der Richterin, wieso sie denn nicht zur Polizei gegangen sei, antwortete die Frau: «Ich wollte nicht dem Vater meines Kindes schaden.» Sie habe einfach normal mit dem Kind leben und nicht mehr von ihm terrorisiert werden wollen. Im September 2020 war er ohne Voranmeldung an ihrem Wohnort erschienen, habe wild geklingelt und geschrien: «Ich gib der jetzt no genau 1 Minute….». Als sie sie fragte, was sonst passieren würde, sagte er: «Dänn gang ich, aber wenn ich dänn wieder chume, dänn redemer nüme zäme.»
Auch bei einem späteren Vorfall habe er gedroht «kurzen Prozess zu machen». Da sei es ihr klar geworden, dass sie die Polizei alarmieren müsse. Kurz darauf wurde der Beschuldigte verhaftet. « Ich habe seitdem ein schönes Jahr, aber das Kind vermisst den Papi», erzählt die Frau vor Gericht.
Nach der Befragung der Mutter, welcher der Beschuldigte in einem anderen Raum per Video mitverfolgte, erschien dieser in Begleitung von vier Polizisten und an Händen und Füsse gefesselt. Der Mann im Alter von 30 Jahren ist auch noch wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte angeklagt, weil er nach seiner Verhaftung im Gefängnis so stark wütete, dass mehrere Polizeibeamte aufgeboten werden mussten.
Beschuldigter streitet Tat ab
Laut psychiatrischem Gutachten leidet der Mann an einer paranoiden Schizophrenie, mitverursacht durch den Konsum von Cannabis. Er müsse medikamentös und therapeutisch behandelt werden. «Trifft nicht zu», sagt der Beschuldigte. Das Problem sei der Mangel an behördlicher Hilfe gewesen. «Wenn ich meine Familienrechte nicht habe, muss ich mir sie einfordern», sagte er. Auf die Frage der Richterin, ob er bereit sei für eine Therapie, meinte er nur: «Keine Aussage.» Er bestritt den Vergewaltigungsvorwurf sowie die Nötigung, als er zur Wohnung und in der Schule unangemeldet erschien und die Frau bedrohte. «Ich habe nur mein Besuchsrecht ausgeübt.»
Die Staatsanwältin verlangte eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten für die Vergewaltigung und die Nötigung. Bezüglich des Vorfalls im Gefängnis sei der Mann aufgrund seiner Schizophrenie schuldunfähig. Die Freiheitsstrafe soll zugunsten einer stationären psychiatrischen Therapie aufgeschoben werden. «Sonst besteht eine hohe Rückfallgefahr», sagte die Staatsanwältin. Der Mann sei vierfach vorbestraft, unter anderem wegen Körperverletzung.
Auch die Rechtsvertreterin des Opfers plädierte für eine Therapie. «Meine Mandantin will keine Bestrafung, sondern einfach ein Leben ohne Angst und Bedrohung.» Deshalb habe sie nach der Vergewaltigung im Jahr 2017 auch nicht die Polizei gerufen, erst als sie sich drei Jahre später ernsthaft von ihm bedroht fühlte.
Ungünstige Prognose ohne Therapie
Demgegenüber verlangte die Verteidigerin des Beschuldigten einen Freispruch sowie den Verzicht auf eine Therapie. «Es gab keine Vergewaltigung, mein Mandant hatte sich schon Ende 2015 von der Frau getrennt und wohnte nicht mehr in der Wohnung.» Auch bezüglich dem Kissen-auf-den-Kopf-drücken habe die Frau verschiedene Versionen bei der Polizei und der Staatsanwältin angegeben. «Einmal war sie bewusstlos geworden, einmal wurde ihr nur schwarz vor den Augen und einmal war sie gar nicht bewusstlos.»
Das Gericht folgte den Argumenten der Staatsanwältin und sprach den Mann der Vergewaltigung schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Die Nötigung sowie die Gewalt und Drohung gegen Beamte habe er im Zustand der nicht selbstverschuldeten Schuldunfähigkeit verübt. «Das Opfer hat einen sehr glaubhaften Eindruck gemacht», sagte die Richterin. Die Strafe wird jedoch zugunsten einer stationären Massnahme aufgehoben, die so genannte kleine Verwahrung. «Ohne Therapie wird Ihnen eine ungünstige Prognose gestellt, es besteht eine grosse Gefahr für neue Delikte», sagte die Richterin und erwähnte die Vorstrafen und die paranoide Schizophrenie.