Die türkischen «Grauen Wölfe» beunruhigen die Schweizer Politik. Innerhalb eines Jahres ist bereits die zweite Interpellation eingereicht worden, die hierzulande ein Verbot der faschistischen Organisation fordert. Für SVP-Nationalrätin Monika Rüegger sind die «Grauen Wölfe» einfach «zu gefährlich.»

Sie existieren seit Jahrzehnten in der Schweiz. In Vereinen und Moscheen organisiert, ist der Schweizer Ableger der faschistischen Organisation international bestens vernetzt. Ihren Ursprung haben die «Grauen Wölfe» in der Türkei, wo sie nicht vor blutigen Gewalttaten zurückschrecken. Nach Angaben der türkischen Behörden hat die Organisation alleine zwischen 1974 und 1980 694 Morde begangen. «Wir können Gruppierungen, die solche Gewalt anwenden und so gefährlich sind in der Schweiz nicht dulden», erklärt SVP-Nationarätin Monika Rüegger ihren Vorstoss in der Herbst-Session. «Darum ruf ich den Bundesrat auf, endlich zu handeln.»

SVP-Nationalrätin Monika Rüegger (OW) fordert ein Verbot der «Grauen Wölfe» in der Schweiz.
Bild: Zvg

Wer steckt hinter den «Grauen Wölfen»?

Das Wolfs-Symbol stammt aus einem alttürkischen Mythos. Der Wolf steht für Stärke und Aggressivität. Mit Nachdruck propagiert die Organisation ihren «ethnischen Nationalismus» auf der Grundlage des Islams. Denn die «Grauen Wölfe» haben ein grosses Ziel: Sie wollen «Turan», ein grosstürkisches Reich.

Hitler-Sympathisant Alparslan Türkeş gründete die «Grauen Wölfe» 1961. Über seinen Tod hinaus, gilt er unter seinen Anhängern als «ewiger Führer». Offizielle Mitgliederzahlen gibt es nicht, Insider gehen alleine in der Türkei von über einer Million Anhängern aus. Und der politische Arm der «Grauen Wölfe», die ultranationalistische Partei MHP, reicht bis in die obersten türkischen Regierungskreise. Seit 2018 ist sie mit Erdogans islamisch-konservativer AKP sogar an der Regierung beteiligt. Was den «Grauen Wölfen» zusätzlich Macht und Legitimation verleiht.

Dabei ist die Organisation stark in kriminelle Machenschaften verstrickt. Konkret mit der türkischen Mafia und dem internationalen Drogenhandel. So sorgte im Dezember ein offener Brief des 67-jährige Mafiaboss Alaatiin Cakici für Schlagzeilen. In dem Schreiben bedrohte er Kemal Kilicdaroglu, den Chef der grössten türkischen Oppositionspartei CHP, mit dem Tod. Statt juristischen Sanktionen lobte ihn der Chef der Regierungspartei MHP als Kameraden und Patrioten. Die Empörung war gross.

So sind die «Grauen Wölfe» in der Schweiz organisiert

Die «Grauen Wölfe» sind in Europa in zehn Föderationen aufgeteilt. Eine davon befindet sich in der Schweiz. Und hier unterhält die Gruppierung mindestens sechs Moscheen. Alle sind gegen aussen als türkisch-islamische Kulturzentren deklariert. Sie befinden sich in Zürich, Bern, Olten, Aarau, Basel, Wil. Es wird zudem von engen Beziehungen zu den offiziellen türkischen Vertretern in der Schweiz ausgegangen.

So wirbt der Generalsekretär der Schweizer Förderation seit Jahren für die MHP. Wie ein Tweet aus dem Jahr 2016 zeigt.

Diese Staaten setzen Druck auf

Frankreich

Die Regierung von Emmanuel Macron hat die rechtsextreme Gruppe im November verboten und ihre Auflösung angeordnet. Auslöser war ein Angriff der «Grauen Wölfe» mit Eisenstangen und Messern auf armenische Demonstranten, die gegen den Krieg in Berg-Karabach protestierten.

Noch ungeklärt ist ein Mordanschlag auf drei Aktivistinnen der PKK 2013 im Pariser Kurdistan-Informationsbüro. Spuren sollen aber auch hier ins Milieu der «Grauen Wölfe» führen.

Deutschland

In Deutschland gelten die «Grauen Wölfe» als die grösste rechtsextreme Organisation. Ende 2020 kam es im deutschen Bundestag zu einem fraktionsübergreifenden Antrag, der ebenfalls ein Verbot forderte. Da es sich bei der rechtsextremen Gruppe aber nicht um einen Verein mit klaren Strukturen handle, seien die juristischen Hürden für ein Verbot derzeit zu hoch, wie es aus dem Innenministerium wiederholt hiess.

USA

Die US-Abgeordnete Dina Titus fordert, dass die USA die «Grauen Wölfe» als terroristische Vereinigung einstufen. Einen entsprechenden Antrag hat sie kürzlich eingereicht. Die Organisation zeigte sich empört und reagierte auf Twitter umgehend. Im Tweet wird Titus beschuldigt, wegen ihrer griechischen Abstammung und ihrer Nähe zu Erdogans politischem Feind, Fethullah Gülen – er lebt in den USA im Exil – entsprechend zu handeln.

Diese Wolfs-Flagge wird von den «Grauen Wölfen» verwendet.
Bild: Wikipedia

Bundesrat will auf UN-Bericht warten

Der aktuelle Vorstoss von SVP-Nationalrätin Monika Rüegger ist bereits der dritte, der sich mit den «Grauen Wölfen» befasst. Und er zeigt, dass sich der Bund seit Jahren schwertut, wenn es um eine konkrete Entscheidung geht.

  • Juni 2007

Mit einer Interpellation wies der verstorbene Nationalrat der Grünen, Daniel Vischer, die Behörden auf die mangelnde Kompetenz und Objektivität gegenüber Organisationen wie den «Grauen Wölfen» hin. Sein Vorstoss allerdings wurde abgeschrieben, weil es der Rat nicht schaffte, ihn innert zweier Jahre abschliessend zu behandeln.

  • November 2020

Nationalrat Denis De la Reussille (PdA) reichte nach dem Verbot in Frankreich ebenfalls eine Interpellation ein. Auch er forderte ein Verbot der «Grauen Wölfe» in der Schweiz. Die Antwort des Bundesrates: «Ein solches Verbot muss sich auf einen entsprechenden Beschluss der Vereinten Nationen oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (Art. 74 Abs. 2 NDG) bzw. künftig nur noch auf einen Verbots- oder Sanktionsbeschluss der Vereinten Nationen abstützen (Revision Artikel am 25. September 2020 vom Parlament angenommen). Bei den „Grauen Wölfen“ liegt kein entsprechender Beschluss vor. Der Bundesrat kann deshalb diese Organisation nicht verbieten.»

  • September 2021

Monika Rüegger fordert den Bundesrat jetzt auf, unabhängig von einem UN-Beschluss zu handeln. «Schliesslich war es in Frankreich auch möglich, dort hat sich die Regierung Macron ohne den UNO-Beschluss durchsetzen können», sagt sie zu Crime Schweiz.

Ob sich der Bundesart dieses Mal zu einem schärferen Vorgehen durchringen wird, bleibt abzuwarten.

Dieser Dok-Film der Journalistin Esra Öser über die «Grauen Wölfe», ist eine Übersicht über die Lage in Deutschland.