Telefonbetrüger sind aktiv wie noch nie: Im letzten Jahr zockten sie alleine im Kanton Zürich vornehmlich gutgläubigen Senioren 4,3 Millionen Franken ab.

Sie spielen besorgte Polizisten oder geben sich als nahe Verwandte in Not aus. Gezielt und durchorganisiert rufen ausländische Betrügerbanden ältere Menschen in der Schweiz an und wickeln sie mit ihrem dreisten Vorgehen um den Finger.

Eine Masche, die erschreckend erfolgreich ist. Auf der Webseite www.telefonbetrug.ch listet die Zürcher Kantonspolizei jeden Betrug oder Betrugsversuch auf. Allein in diesem Jahr sind es bisher schon zwölf vollendete Betrugsfälle (und über 250 Versuche) mit einer Schadens-Summe von 425’000 Franken. Im letzten Jahr waren es insgesamt 20 vollendete Betrügereien (und über 900 Versuche) mit einer Beute von knapp 4,3 Millionen Franken. 

Die aufgelisteten Fälle.
Grafik: Kantonspolizei Zürich

Die beiden Delikte werden grossmehrheitlich von zwei verschiedenen Ethnien verübt. Hinter den Enkeltrickbetrügereien stecken in erster Linie Roma-Clans aus Polen, die falschen Polizisten sind eine Domäne eines Türken-Clans. Im letzteren Fall wählen sich die Täter meist in der Südtürkei ins Telefonnetz ein. Ermittler konnten die Verbindungen bis zu dortigen Callcentern zurückverfolgen. Gemäss ersten Erkenntnissen sollen die Anrufer aus dem Umfeld des so genannten Miri-Clans stammen. Ein Teil dieser Grossfamilie mit türkischen Wurzeln hat sich in Bremen (D) und im deutschen Bundesland Niedersachsen niedergelassen. Sie fallen laut deutschen Medienberichten wegen diverser krimineller Aktivitäten auf.

Nur die kleinen Fische gehen der Polizei ins Netz

Für Schweizer Polizisten ist es schwer, an die Drahtzieher innerhalb der Clans heranzukommen. Während sie im Ausland in Sicherheit sitzen, schnappen die Ermittler bei der Geldübergabe einen Kurier («Läufer»), bei dem es sich in der Regel um einen kleinen Fisch handelt. So hat die Stadtpolizei Zürich vor einigen Tagen einen 23-jährigen Schweizer verhaftet, der zuvor einer 80-jährigen Rentnerin mehrere tausend Franken abknöpfen wollte. Dank einem aufmerksamen Bankangestellten wurde bei der Geldübergabe die Polizei eingeschaltet. Bei einem Prozess vor einem Jahr vor dem Bezirksgericht Zürich waren die beiden Läufer Sozialhilfeempfänger und Drogensüchtige. Der Deutschen und der Türken waren aus Bremen für die Kurierdienste in die Schweiz gefahren. 

Das Vorgehen der falschen Polizisten wird im Fachjargon als Spoofing (Verschleierung, Vortäuschung) bezeichnet. Der falsche Polizist warnt die angerufene Person, dass ihr Vermögen zu Hause oder auf der Bank in Gefahr sei. Auffällig ist, dass die Anrufer Hochdeutsch sprechen. Zudem erschienen auf den Geräten der Angerufenen in vielen Fällen die Hauptnummer der Kantonspolizei Zürich (044 247 22 11) oder die Notfallnummer 117. Die Telefonnummern sind manipuliert worden.

Der angerufenen Person (meist eine Rentnerin, die Betrüger suchen im Telefonbuch nach Personen mit «altmodischen» Namen wie Ida, Maria, Berta oder Marianne) wird weisgemacht, sie müsse unbedingt ihr Geld auf der Bank abheben und es dem  Polizisten zur Aufbewahrung geben. Denn die Polizei habe bei einem Verhafteten eine Kundenliste gefunden, worauf auch ihr Name stehe. Zudem warnt der Anrufer vor vermuteten Mittätern in der betroffenen Bank, weshalb mit niemanden, schon gar nicht mit den Bankangestellten, über die Polizeiaktion gesprochen werden dürfe.

Neue Masche mit weinenden Unfallopfern

Inzwischen wenden die Betrüger eine weitere Masche an, um die Angerufenen zu verängstigen. So schreibt die Stadtpolizei Zürich in einer Medienmitteilung vom 14. Januar, dass ein angeblicher Polizist telefonisch bei einer 61-jährigen Frau anrief und erklärte, dass ihre Tochter soeben in einen Verkehrsunfall verwickelt worden sei. Weiter sagte er, dass es ein Problem mit der Versicherung gebe und nun sofort eine Kaution hinterlegt werden müsse. Damit alles sofort geregelt werden könne, sei ein Betrag von 150’000 Franken fällig.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs wurde der 61-Jährigen eine weinende Person ans Telefon gegeben, bei der es sich angeblich um ihre Tochter handelte. Ein Gespräch zwischen den beiden kam aber nicht zustande. Die Angerufene wurde misstrauisch, beendete das Telefonat und meldete sich richtigerweise umgehend bei der Notrufnummer 117 der Stadtpolizei Zürich.