Anfang Januar 2023 müssen sich zwei Drogenschmuggelnde im Kanton Zürich vor Gericht verantworten. Sie versuchten 2022 rund 3,5 beziehungsweise vier Kilogramm Kokain nach Europa einzuführen. Auffallend: Die Vorgehensweise variiert und zeigt, wie schwierig es ist, Drogenkartellen auf die Schliche zu kommen.

Es ist der 13. September 2022 kurz nach 10 Uhr vormittags. Swiss-Flug LX93 landet am Flughafen Zürich-Kloten und rollt langsam in Richtung Dock E-Midfield. Rund elf Stunden zuvor war das Flugzeug im brasilianischen Sao Paulo mit Ziel Europa gestartet. Mit an Bord reist die 49-jährige Rosalia F.*. Die Brasilianerin ist auf dem Weg nach Venedig. Doch in Zürich muss sie umsteigen. Gegen 10.40 Uhr verlässt sie das Flugzeug und begibt sich im Transitbereich zur Einreisekontrolle.

Mit dabei hat Rosalia F. einen 16 Kilogramm schweren Koffer. Und der weckt das Interesse der Grenzkontrolle. Auf den ersten Blick scheint der Inhalt unauffällig. Im Koffer befinden sich lediglich Kleidungsstücke, verpackt in drei Plastiksäcke. Doch die Füllung hat es in sich. Gemäss Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland sind die Kleider mit Kokain getränkt. Wie die Untersuchungen später zeigen, mit einer Menge von 3,447 Gramm. Und das Kokain hat einen «Reinheitsgehalt zwischen 93 bis 96 Prozent», heisst es weiter. In Zürich beträgt der Strassenpreis für ein Gramm Kokain etwa 100 Franken, die Ladung hatte also einen Wert von rund 350’000 Franken.

Schmuggelmethode: Kokain-Wäscherei

Der Schmuggel in Textilien gehört für die südamerikanischen Drogenkartelle zur einer der sichersten Arten, Kokain nach Europa zu verfrachten. In Kolumbien und Brasilien wird die Droge verflüssigt und die Kleider werden damit getränkt. Über den Luftweg oder auf Schiffen, via Frachthäfen wie Rotterdam, gelangt die Ware nach Europa.

Doch wie wird das Kokain wieder extrahiert? Der niederländischen Polizei gelang im Sommer 2020 einen Schlag gegen das organisierte Verbrechen. In Nijeveen, einem Dorf im Nordosten des Landes, stürmte sie eine Kokain-Wäscherei. Sie war in einem ehemaligen Pferdestall untergebracht und florierte. An Spitzentagen sollen hier rund 200 Kilogramm Kokain pro Tag aus den Kleidern gewaschen worden sein. Damals erklärten die Ermittler den Medien: «Kompliziert ist es nicht, das Kokain wieder aus den Stoffen zu waschen. Nach einer Spülung mit bestimmten Chemikalien setzt sich das Kokain als Pulver ab und kann zu Blöcken gepresst werden.»

In dieser Drogen-Wäscherei wurden bis zu 200 Kilogramm Kokain pro Tag gewaschen. Quelle: Polizei

In welcher Kokain-Wäscherei Rosalia F. ihren Koffer hätte abliefern sollen, ist unklar. Sicher ist: Die 49-Jährige ist wegen Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz angeklagt. Am 10. Januar muss sie sich für ihren Schmuggelversuch vor dem Bezirksgericht Bülach verantworten. Die zuständige Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten, wovon 10 unbedingt und 26 bedingt, mit einer Probezeit von zwei Jahren, ausgesprochen werden sollen. Rosalia F. sitzt seit dem 31. Oktober 2022 im vorzeitigen Strafvollzug.

Schmuggelmethode: doppelte Wände

Der zweite Beschuldigte, der Däne Bente H.*, versuchte seinen Schmuggelversuch bereits am 15. Februar 2022. Der 65-jährige Rentner reiste an diesem Tag von Sao Paulo über Doha am Flughafen Zürich-Kloten in die Schweiz ein. Nach kurzem Aufenthalt wollte er mit Flug LX1026 weiter nach Düsseldorf fliegen.

Doch auch Bente H. und sein Handgepäck blieben bei der Einreisekontrolle in Kloten hängen. Im seinem Rollkoffer und der Aktentasche, die er mitführte, stiess die Grenzkontrolle auf verdächtige Hinweise. Hinter zusätzlichen Seiten- und Zwischenwänden waren insgesamt 3939 Gramm Kokain versteckt. Auch Bente H. hatte die Gepäckstücke in Sao Paulo in Empfang genommen. Gegenüber den Untersuchungsbehörden sagte er aus: Ein Mann mit dem Namen «Mr. Williams» habe ihm alles übergeben und ihn angewiesen es nach Amsterdam zu bringen. Bente H. wurde eine Belohnung von 3000 Franken in Aussicht gestellt.

Stattdessen sitzt Bente H. seit dem 29. April 2022 im vorzeitigen Strafvollzug. Seine Verhandlung findet am 4. Januar vor dem Bezirksgericht in Bülach statt. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten, wovon 12 unbedingt und 24 bedingt auszusprechen seien.

Gefährliche und klassische Schmuggelmethode

Es gibt zahlreiche weitere Schmuggelmethoden. Hier gilt die Bodypacker-Methode als die gefährlichste. Frauen oder Männer schlucken grosse Mengen an Latex-Fingerlingen, die zuvor mit Drogen gefüllt wurden. Über 90 solcher Fingerlinge wurden schon im Magen und Darm von Drogenschmuggelnden entdeckt. Dabei spielen die Betroffenen mit ihrem Leben. Platzt ein Fingerling ist die Menge an Kokain, die in den Körper gelangt, tödlich.

Die Container-Methode gilt als die klassische Schmuggelvariante. Die Drogen werden in den Fracht-Containern zwischen Bananen oder Auto-Teilen versteckt und nach Europa verschifft. Gemäss Experten haben sich die Drogenkartelle weltweit ein gutes Netzwerk an korrupten Hafenbeamte aufgebaut. Sie sind es, die den Kriminellen am Zielort Zugang zu den Containern verschaffen.

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