Seine Freunde leben in Kiew und bewaffnen sich jetzt für den Widerstand. Ein in der Schweiz wohnhafter Niederländer will sie bei diesem Kampf unterstützen – und sich einem Freiwilligen-Bataillon anschliessen. Darf er das? Das sagt das Schweizer Gesetz.
Mit seiner Invasion der Ukraine macht der russische Präsident Wladimir Putin das Land zum Kriegsgebiet. Seit vier Uhr am Donnerstagmorgen melden die ukrainischen Behörden aus dem ganzen Land Explosionen. Aus Kiew, Kramatorsk aber auch ganz aus dem Süden, aus Odessa.
In einer dramatischen Rede ruft Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj seine Landsleute am Morgen zur Verteidigung der Ukraine gegen die russischen Streitkräfte auf. Alle Bürger, die dazu bereit seien, «unseren Staat mit Waffen in den Händen zu verteidigen», sollten sich melden und würden auch welche erhalten, sagt er in Kiew.
Joris P.* lebt in der Schweiz. Der niederländische Staatsbürger hat gute Freunde in der Ukraine, mit denen er aktuell stündlich telefoniert. «Wir sind zusammen in Deutschland aufgewachsen. Wir sind wie Brüder», bezeichnet er seinen ehemaligen Schulkameraden. «Bis gestern ging er in Kiew noch normal zur Arbeit, heute herrscht das Chaos. Es ist ein schwarzer Tag.» Sein Freund werde sein Land verteidigen. «Er greift zur Waffe und ich will ihm folgen.»
Der 31-Jährige will in die Ukraine reisen und sich einem Freiwilligen-Bataillon anschliessen. Solche Bataillone habe es bereits in den bisher umkämpften Gebieten gegeben. «Doch meine Freunde wollten bis anhin nicht, dass ich komme», erzählt er weiter. «Jetzt ist es eine andere Situation, da ich hier keine Verpflichtungen habe, plane ich meine Hinreise.»
Drohen Strafen für den möglichen Kampfeinsatz?
Als niederländischer Staatsangehöriger muss Joris P. von seinem Heimatland dafür wohl keine Repressalien befürchten. In einem früheren Interview äusserte sich der niederländische Generalstaatsanwalt Wim de Bruin dazu wie folgt: «Nach holländischem Recht ist der Beitritt zu fremden Streitkräften nur dann verboten und strafbar, wenn ein Söldner gegen die Niederlande kämpft oder die fremden Streitkräfte als illegal gälten.»
Dennoch bleibt Joris P. vorsichtig und auch lieber anonym. Auch weil nicht ganz klar ist, ob ihm in der Schweiz Konsequenzen drohen. Sicher ist: Hart wäre die Strafe, wenn Joris P. Schweizer Staatsbürger wäre. In diesem Fall muss nach der Rückkehr in die Schweiz mit einer Verhaftung gerechnet werden. So heisst es im Artikel 94 des Militärstrafgesetzes: «Der Schweizer, der ohne Erlaubnis des Bundesrates in fremden Militärdienst eintritt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.» Straflos bleibt nur: «Der Schweizer, der noch eine andere Staatszugehörigkeit besitzt, im andern Staate niedergelassen ist und dort Militärdienst leistet.»
Strafrechtlich klar war auch die Teilnahme an Kampfhandlungen des IS in Syrien. Der Bundesrat hatte die Organisation 2014 als Terrorgruppe verboten und die Beteiligung unter Strafe gestellt. Bei den bereits gefällten Urteilen gegen Rückkehrer handelte es sich in den meisten Fällen um bedingte Freiheitsstrafen.
Ob die Schweiz im Fall von Joris P. rechtlich überhaupt involviert ist, bleibt unklar. Joris P. jedenfalls interessiert sich derzeit dafür nur wenig. Zu gross ist seine Sorge darüber, was mit seinen Freunden in der Ukraine passiert.
*Name der Redaktion bekannt.
Was soll eine Verurteilung der Schweiz bewirken, wenn man selbst als Schweizer Familie in der Ukraine hat. Die Frage stellt sich gar nicht, da rechtens Leib und Leben verteidigt und nicht aus Angriffslust gekämpft würde.
Es ist faktisch eine Pflicht zu helfen, um ein Unrecht zu stoppen!