Das Forschungsprojekt «Bridge Initiative» der Georgetown Universität publiziert regelmässig sogenannte «Fact Sheets». Darin werden Personen beschrieben, die nach Ansicht der Forschenden Schuld an der wachsenden «Islamophobie» haben. Zahlreiche Islamismus-Experten aus Europa stehen auf dieser Liste. Darunter auch Saïda Keller-Messahli. Betroffene schliessen rechtliche Schritte nicht aus. 

Die «Bridge Initiative» ist ein Forschungsprojekt der Edmund A. Walsh School of Foreign Service der Georgetown Universität in Washington. Der Masterabschluss dieser Fakultät gilt weltweit als einer der angesehensten im Bereich der Internationalen Beziehungen. König Felipe VI. von Spanien und der ehemalige US-Präsident Bill Clinton sind bekannte Absolventen, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Die Georgetown Universität in Washington DC.
(Quelle: Google Street View)

Ausgerechnet diese Fakultät, die es sich zum Ziel gemacht hat, den Dialog zwischen Muslimen und Christen zu verbessern, sorgt jetzt mit diesen «Fact Sheets» für Aufregung. Aktuell macht sie damit auf ihrem Facebook-Profil, mit einer Reichweite von über einer Million Followern, Werbung. So heisst es im letzten Post vom 13. Juli: «Wir haben Fact Sheets für Einzelpersonen, Organisationen und politische Parteien, die mit der Stärkung der Islamophobie verbunden sind oder dabei eine Rolle spielen. Lest sie unbedingt genau durch.» 

«Ein Versuch kritische Stimmen zu diskreditieren»

Ins Visier des Forschungsteams sind jetzt auch Islamismus-Experten aus Europa geraten. Auch sie tauchen in der Fact-Sheet-Liste auf. Darunter die Schweizer Islamismus-Expertin Saïda Keller-Messahli, die als Autorin für Crime Schweiz schreibt.

Mit Bild, Name und Hinweisen zu ihrer Person wird sie von der «Bridge Initiative» als «islamophob» angeprangert. «Das ist eine Frechheit. Ich kritisiere den politischen Islam, der nicht mit Menschenrechten kompatibel ist, weil er uns Muslimen vorschreiben will, wie wir zu leben haben. Es genügt nach Afghanistan zu schauen, um zu sehen, wohin der politische Islam führt! ‚Islamophobie‘ ist ein umstrittener Begriff selbst unter Soziologen. Aber Islamisten und ihre Helfer haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Diese ‚Fact Sheets‘ haben mit Fakten, die uns betreffen, nichts zu tun. Sie sind ein Versuch, kritische Stimmen zu denunzieren und zu diskreditieren», sagt sie. 

Das ist das Titelbild des Fact Sheets über Saïda Keller-Messahli.
(Quelle: Bridge Initiative)

Ebenfalls betroffen ist Susanne Schröter, Professorin an der Goethe-Universität in Frankfurt. Die Ethnologin warnt vor der Ausbreitung des politischen Islams in Deutschland. «Mir ist diese Denunziationsplattform bekannt», erklärt sie auf Anfrage. «Involviert ist unter anderem der Salzburger Politikwissenschaftler Farid Hafez, gegen den in Österreich wegen des Verdachts der Verflechtungen mit der Muslimbruderschaft polizeilich ermittelt wird.»

Ethnologin und Professorin an der Goethe-Universität in Frankfurt.
(Quelle: Susanne Schröter)

Hafez sorgte bereits 2019 mit seiner Beteiligung am Europäischen Islamophobie-Bericht für Kritik. Darin attestierte er Österreich einen starken Anstieg der Islamfeindlichkeit und benannte Autoren und Islamismus-Kritikerinnen schon damals als «islamophob». Dass der Bericht zudem unter Einfluss einer türkischen regierungsnahen Stiftung entstanden ist und aus einem EU-Fonds finanziert wurde, führte zu hitzigen Diskussionen in Brüssel. So wurde EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen aufgefordert, Zahlungen aus einem EU-Fonds zum Dialog mit der Türkei in Zukunft einzustellen, wie der österreichische Kurier schreibt.

Rechtspopulisten auf der Liste

Bei der «Bridge Initiative» der Georgetown Universität wird Farid Hafez als Mitarbeiter aufgeführt. Für Ethnologin Schröter ist klar, was sein Ziel ist. «Er will Personen öffentlich unter Rechtsextremismusverdacht stellen, die beispielsweise kritisch zur Muslimbruderschaft forschen. Man möchte den Ruf renommierter Wissenschaftler mit vollkommen haltlosen Zuschreibungen beschädigen oder sogar zerstören.»

So gibt es «Fact Sheets» zu Rechtspopulisten wie Donald Trump oder Victor Orban. Aber auch zu Angriffen auf die muslimische Gemeinde, wie zum Beispiel auf die Moschee in Quebec 2017.

Fühlt sich Schröder durch diese Zuschreibungen bedroht? «Ich persönlich befürchte keine negativen Konsequenzen, da meine Positionen vollkommen transparent sind und sich jeder ohne Schwierigkeiten davon überzeugen kann, dass ich weder islamfeindlich noch rechtsextrem bin.»

Ähnlich sieht das Keller-Messahli, auch sie fürchtet keine negativen Konsequenzen. Beide Frauen ergänzen aber: «Wir wundern uns schon sehr, dass die Georgetown Universität sich für so ein schändliches Unterfangen hergibt. Deshalb behalten wir es uns vor, eventuell rechtlich gegen die Schmutzkampagne vorzugehen.»

Die Georgetown Universität hat auf die schriftlich gestellten Fragen der Redaktion sowie der schriftlichen Anfragen Direktbetroffener nicht reagiert. So bleibt auch die Frage unbeantwortet, wie die Universität auf eine mögliche Klage reagieren will.