Der Schaden ist gross. Hintermänner in Nordmazedonien und dem Kosovo haben eine Clan-Struktur im Gerüstbau aufgebaut. Sie bieten Mitarbeiter zu tiefen Löhnen an, beuten die Männer aus, bezahlen keine Sozialleistungen oder die Mehrwertsteuer. Während die Firmen Konkurs gehen, sacken die Chefs die Gelder ein. Letzte Woche ist in Luzern ein neuer Fall aufgeflogen.

Gleich bei sieben Gerüstbauern klicken auf der Luzerner Baustelle vor etwas mehr als einer Woche die Handschellen. Fünf der Männer stammen aus dem Kosovo, zwei aus der Slowakei. Sie sind im Alter zwischen 24 und 50 Jahren.

Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätte sich keiner dieser Arbeiter im Land aufhalten dürfen. «Vier von ihnen sind mit einer Einreisesperre für die Schweiz belegt. Fünf hatten mit gefälschten ausländischen Dokumenten eine Schweizer B-Bewilligung erlangt», schreibt die Polizei Luzern in einer Medienmitteilung. Und: «Ein Teil war bereits wegen unterschiedlicher Widerhandlungen gegen das Ausländer- und Integrationsgesetz zur Festnahme ausgeschrieben.»

Auf einer Baustelle an der Zürichstrasse kam es zur Kontrolle durch die Polizei Luzern. Bild: Google Map.

Mazedonier lässt in Bern neun Firmen Konkurs gehen

Längst kein Einzelfall. Auch in der Stadt Bern ermittelte die Fremdenpolizei gegen einen Betrüger-Clan aus Mazedonien. Auch hier ging es um den Gerüstbau und einen grossen verursachten Schaden.

Wie die «Rundschau» im Januar 2020 berichtete, hatte allein ein damals 32-jähriges Familienmitglied sieben Gerüstbaufirmen gegründet und wieder in den Konkurs geschickt. Dabei hätten sich Schuldscheine im Wert von einer halben Million Franken angehäuft. Weil der Mann zudem die Suva täuschte und Firmengelder verzockte, schickte ihn das Berner Obergericht im Mai 2020 für sechs Monate ins Gefängnis.

Gerichtsfälle decken Strukturen auf

Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Ermittler in ganz Europa gehen davon aus, dass durch die Machenschaften der Gerüstbau-Clans Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe stattfindet. Wie sie vorgehen, zeigt ein Gerichtsfall in Köln aus dem Jahr 2017 exemplarisch. Damals stand der Biker Dominic C.* vor Gericht.

Der damals 37-Jährige gestand, im grossen Stil Steuern hinterzogen und Sozialabgaben gespart zu haben. Gemäss Anklageschrift lag der Schaden bei rund «zehn Millionen Euro». Mit dem erbeuteten Geld sollen sich der Mann und seine Komplizen ein Luxusleben finanziert haben. Bei Dominic C. wurden Luxus-Uhren und teure Motorräder sichergestellt. Sein Bruder sass zu diesem Zeitpunkt bereits wegen ähnlicher Delikte im Gefängnis.

Gemäss Anklageschrift handelte es sich beim Vorgehen um einen Kettenbetrug nach immer gleichem Muster. Man übernahm den Auftrag, Gerüste auf Baustellen zu bauen, dabei wurde allerdings schwarzgearbeitet.

Über eine Kette von Subunternehmen wurde vor dem Steueramt und den Krankenkassen verschleiert, wie viele Arbeiter tatsächlich beschäftigt waren. Eine Summe wurde zuerst an ein Subunternehmen überwiesen, sofort in bar abgehoben und dann zur Bezahlung der Schwarzarbeiter benutzt.

Von diesem «Schwarzgeld» floss eine Provision zwischen acht und zwölf Prozent in die Taschen der Beschuldigten. Sozialversicherungen und die Steuerbehörden gingen leer aus.

Wurden die Behörden misstrauisch, habe man die Firma einfach in den Konkurs geschickt und eine neue gegründet.

Mit Einreisesperre weggewiesen

Im Fall der Razzia auf der Luzerner Baustelle sind die Männer bereits wieder auf freiem Fuss. Die Gerüstbauer wurden aus der Schweiz weggewiesen und mit einer mehrjährigen Einreisesperre für den Schengen-Raum belegt. Ob sie sich daran halten, bleibt abzuwarten.

*Name geändert