Sie bettelten und bedrängten ihn so lange, bis er nachgab. Angeführt von der 61-jährigen Clan-Chefin knöpfte eine Roma-Sippe ihrem Opfer 150’000 Franken ab. Diese Woche stehen die Tochter und die Schwiegertochter der Frau in Bülach ZH vor Gericht.

Das Unheil kam für den Rentner wie aus dem Nichts. Im September 2019 steht die Clan-Chefin plötzlich in seinem Garten in Nürensdorf ZH. Sie bettelt um Geld, erzählt von grosser Not, beschreibt wie sie zehn Kinder zu versorgen habe und nicht mehr weiterwisse. Der Witwer hat Mitleid lässt sich zu einer Zahlung von 800 Franken hinreissen. Was er zu diesem Zeitpunkt nicht weiss, damit öffnet er die Büchse der Pandora.

Nur einen Monat später steht die Frau wieder vor seiner Türe. Dieses Mal mit Verstärkung. Mit dabei sind die Tochter (31) und die Schwiegertochter (34), beide mussten am Dienstag in Bülach ZH vor Gericht erscheinen. Zu dritt bearbeiten sie den Witwer. Sie gaukeln ihm traurige Geschichten vor. «Diverse erfundene oder jedenfalls stark übertriebene», wie die Staatsanwaltschaft Winterthur / Unterland in ihrer Anklageschrift schreibt. Sie sprechen von «Operationen für sich und ihre Kinder wegen diverser Erkrankungen wie zum Beispiel Brustkrebs, von Häuserkäufen und Renovierungsarbeiten an angeblich maroden Wohnhäusern.» Diese sollen in Rumänien stehen, in der siebenbürgischen Gemeinde Cutus. Von dort stammt der Familienclan.

Hier in Cutus in Siebenbürgen ist der Clan angesiedelt. Von hier aus reisen die Mitglieder regelmässig in die Schweiz.
Bild: ZvG.

Die Hälfte seiner Ersparnisse

Die Frauen wickeln den Mann so um ihren Finger, dass er ihnen die Geschichten glaubt – und zahlt. Immer wieder. Denn die Frauen tauchen in den nächsten Tagen und Wochen insgesamt 17-mal beim Witwer auf. Die Beträge bewegen sich im vierstelligen, manchmal im fünfstelligen Bereich. Insgesamt knöpft die Roma-Sippe ihrem Opfer 150’000 Franken ab. Die Hälfte der Ersparnisse des 94-jährigen Mannes.

Gemäss Anklageschrift habe sich der Rentner in einem Loyalitätskonflikt befunden. Weshalb er trotz Warnung seiner Nichte weiterbezahlt. «Der Privatkläger ging treuherzig davon aus, dass die Beschuldigte ihn aufrichtig in ihr Herz geschlossen habe und sich ernsthaft für ihn als Menschen, der sich einsam fühlte, interessiere. Die Beschuldigte und deren Komplizin gaben sich aber überhaupt nur mit dem Privatkläger ab, weil sie sich weiteren finanziellen Profit von ihm erhofften», so die Anklage.

Am 23. März 2021 schliesslich klickten für die Frauen die Handschellen am Flughafen Mulhouse. Sie wollten gerade in die Schweiz einreisen, um wieder zum mittlerweile 96-jährigen Mann nach Nürensdorf zu fahren.

Cutus liegt mitten in Rumänien. Bild: Google Map.

Mit dem Geld Flüge und Hotelzimmer bezahlt

Wie sich während der Untersuchungen herausstellte, war das Geld des Rentners für die Beschuldigten, die keiner geregelten Arbeit nachgehen, praktisch die einzige Einkommensquelle. Damit bezahlten sie den Lebensunterhalt, aber auch die Flugreisen nach Rumänien und die Hotelaufenthalte während ihrer Zeit in der Schweiz. Und hier ging die Sippe auch auf Diebestour, wie die Anklage zeigt. Bei einer weiteren Person gelangte die Tochter der Clan-Chefin mit der Ausrede, sie müsse auf die Toilette, ins Haus. Dort stahl sie Schmuck, wie Armreifen, Halsketten und Fingerringe.

Die Staatsanwaltschaft fordert für die Tochter eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wovon sie sechs absitzen muss. Für die Schwiegertochter deren 15. Zudem soll beide des Landes verwiesen werden. Die Frauen sind geständig und befinden sich im vorzeitigen Strafvollzug.