Der Körper als Versteck: Im Magen von Drogenkurieren gelangen Kokain-Fingerlinge in die Schweiz. Gehen diese Bodypacker der Polizei ins Netz, gibt es für die Betroffenen nur noch einen Weg.

Es ist eine teure und gefährliche Fracht, die Bodypacker in ihrem Bauch mit sich führen. Erst im Dezember 2019 findet ein Spaziergänger an einem Waldrand im Kanton St. Gallen eine männliche Leiche. Die Polizei rückt aus, die Rechtsmedizin findet kurz darauf mehrere hundert Gramm Kokain im Körper des Mannes.

Die Drogenkuriere schlucken bis zu 80 sogenannte Fingerlinge. Dabei handelt es sich um Kokain, das zuerst in Cellophan, dann mit einer Wachsschicht und darüber mit einer zweiten Plastikschicht verpackt wird. Bricht ein solches Pakete im Körper des Kuriers auf, kommt jede Hilfe zu spät. «Wenn ein Fingerling platzt, ist das ein sicheres Todesurteil», sagt Felix Weingartner, Dienstchef Flughafen-Spezialabteilung bei der Kantonspolizei Zürich. «Der Bodypacker kann im Spital auf dem Operationstisch liegen, trotzdem kommt für ihn jede Hilfe zu spät. Fingerlinge beinhalten bis zu zehn Gramm Kokain und das ist einfach eine zu grosse Menge für den menschlichen Körper.»

Bodypacker trinken und essen nichts

Die meisten Kuriere, die in die Schweiz gelangen, werden von den Drogenbanden in Südamerika rekrutiert. Sie stammen aus den Armenvierteln und werden mit Geld gelockt. Ein Bodypacker bekommt lediglich 2000 bis 3000 Franken. Trotzdem bedeutet dieser Betrag für die Betroffenen oft der letzte Ausweg aus der Armut.

Beliebte Flugrouten dieser Bodypacker sind die Direktverbindungen aus Brasilien (Sao Paolo – Zürich) oder aus der Dominikanischen Republik (Punta Cana – Zürich). Bei diesen Passagieren schaut die Kantonspolizei Zürich genauer hin. Und sie weiss, worauf sie achten muss. So verhalten sich Bodypacker auf der Reise extrem vorsichtig. «Sie haben natürlich ein Interesse daran, dass sie nicht vorzeitig, also vor Ankunft im Zielland, auf die Toilette müssen», erklärt Weingartner. «Das bedeutet, dass sie während der Reise nichts trinken und ganz wenig essen.» Die Bodypacker wirken daher oft dehydriert, müde und abgekämpft. Zudem reisen sie selten mit viel Gepäck.

Dauerbeobachtung bis zum grossen Geschäft

Die grossen Flughäfen haben sich längst auf das Phänomen eingestellt. Um das Kokain und damit das Beweismittel sicherstellen zu können, stehen Spezial-Toiletten bereit. So auch am Zürcher Flughafen. Hier gilt: Bis Bodypacker das Kokain nicht ausgeschieden haben, stehen sie unter Dauer-Beobachtung und dürfen ihr Geschäft nur auf diesem WC verrichten. Allein am Flughafen Zürich gehen jährlich bis zu 20 Drogenkuriere ins Netz der Ermittler. Dabei handle es sich aber nicht nur ausschliesslich um Bodypacker. So wird laut Polizei jeder Hohlraum als Drogenversteck genutzt. Fündig wurden die Beamten auch schon unter Perücken. Eine der Höchstmengen, die bei einem Bodypacker sichergestellt wurde, lag bei 106 Fingerlingen à je 18,7 Gramm, das sind fast zwei Kilo.

Tatsächlich gehört die Schweiz, was den Kokain-Konsum anbelangt, zu den Spitzenreitern. Weltweit wird nur in Brasilien, Italien und Kolumbien mehr gekokst. Das ergab eine Umfrage der Organisation «Global Drug Survey».

Trotz der Bemühungen der Kantonspolizei Zürich und des Zolls am Flughafen Kloten ist klar, dass es viele Drogenkuriere unbemerkt ins Land schaffen. Weingartner: «Es ist eine Dunkelziffer und darum können wir nicht sagen, wie gross die Menge effektiv ist. Aber es gibt Kokain auf dem Drogenmarkt, folglich rutschen Schmuggler durch. Doch nicht nur hier am Flughafen. Auch auf dem Landweg.»