Der katholische Pfarrer der Stadtzürcher Liebfrauenkirche hat einer illegal anwesenden Armenierin Kirchenasyl gewährt. Dafür wurde ihm jetzt der Prozess gemacht.

«Die Liebe und der Mensch steht in der Mitte, nicht der Buchstabe», so begründete am Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich Pfarrer Josef Karber sein Engagement für eine heute 54-jährige Flüchtlingsfrau. Der geständige Beschulidgte sagte, dass er wieder gleich handeln würde.

Der Pfarrer hat einen Strafbefehl nicht akzeptiert und den Fall ans Gericht gezogen. Die Staatsanwältin hatte den Gottesmann wegen Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts zu einer bedingten Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 160 Franken und einer Busse von 500 Franken verurteilt. Er habe, so die Anklageschrift, der Armenierin ein Zimmer in der Notwohnung des Pfarrhauses zur Verfügung gestellt. Darin wohnte die Frau mit Unterbrechungen von Anfang 2011 bis zum Auffliegen des Falls am 22. September 2018 – und auch heute wieder, wie am Prozess vor dem Einzelrichter bekannt wurde.

Die Liebfrauenkriche im Herzen der Stadt Zürich. Hier bot Pfarrer Karber der Flüchtlingsfrau Kirchenasyl.
Bild: Wikipedia

Armenierin ist schwer krank

Pfarrer Karber sagte , dass die Frau, von schwerer Krebskrankheit gezeichnet, damals um Hilfe gebeten habe. Die Pfarrei Liebfrauenkirche habe eine offene Tür und ein niederschwelliges Sprechzimmer. Er habe die Frau in der Folge in einem Zimmer in der Notwohnung untergebracht. Auf die Frage des Einzelrichters, ob er den Aufenthaltsstatus der Frau damals kannte, antwortete der Pfarrer, dies sei damals zweitrangig gewesen, er habe erst im 2016 oder 2017 erfahren, dass sie illegal in der Schweiz weilte. Die Frau war wegen häuslicher Gewalt von ihrem kriminellen Mann in der Heimat massiv bedroht worden und ist schwer krank. «Die Frau wäre heute tot, wenn ich ihr nicht geholfen hätte», erläuterte der Pfarrer vor Gericht, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Er sei sich bewusst, dass er nicht gesetzeskonform gehandelt habe. Aber die Notwohnung gehöre zu der Pfarrei, er habe der Frau Kirchenasyl gewährt.

Der Zürich Pfarrer Josef Karber ist sich bewusst, dass er gegen das Gesetz verstossen hat. Doch er würde wieder genau gleich handeln.
Bild: Stefan Hohler

Sein Verteidiger verlangte einen Freispruch, sollte sein Mandant dennoch verurteilt werden, dann zu einer milden Busse. Das bestehende Recht gewähre die Möglichkeit einer grossherzigen Auslegung, was in diesem Fall nötig sei. Es handle sich um einen klassischen Fall von Kirchenasyl. Eine Verurteilung wäre absurd, lebe doch die Frau wieder in der Notwohnung des Pfarrhauses – dies nachdem sie ein Asylgesuch gestellt habe und vorläufig in der Schweiz bleiben darf, nicht zuletzt wegen der Behandlung ihrer schweren Krebskrankheit.

Der Einzelrichter spach den Pfarrer schuldig, reduzierte die bedingte Strafe auf 35 Tagessätze zu 150 Franken und verzichtete auf eine Busse. Man könne sich auch aus Liebe strafbar machen, sagte der Richter. Er sei an die weltlichen Gesetze gebunden. Es habe sich nicht um einen eigentlichen Notstand gehandelt, die Frau habe sich nicht in unmittelbarer Gefahr befunden. Bezüglich des Kirchenasyls würden auch die Kirche schreiben, dass ein Gotteshaus nicht ein rechtsfreier Raum sei. Die Frau sei zuvor schon einmal ausgeschafft worden, sie hätte bei der zweiten Einreise in die Schweiz ein Asylgesuch stellen können, wie sie es jetzt gemacht habe. Aus all diesen Gründen müsse ein Schuldspruch erfolgen.