Für die Tötung eines Zufallsopfers forderte die Zürcher Staatsanwaltschaft die Verwahrung. Das Bezirksgericht Zürich folgte diesem Antrag nicht. Der Fall dürfte nun ans Obergericht weitergezogen werden.

Tobias K. griff 2016 im Zürcher Seefeldquartier ein völlig zufällig gewähltes Opfer an. Der 41-jährige IT-Fachmann hatte keine Chance und verstarb an den zugefügten Verletzungen. Am Donnerstagabend sprach das Zürcher Bezirksgericht den heute 27-jährigen Täter wegen Mordes, versuchter Befreiung von Gefangenen, strafbaren Vorbereitungshandlungen zu Mord und weiteren Delikten schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren.

Schuldig gesprochen wurde auch sein litauischer Komplize. Gegen den 39-Jährigen verfügte das Gericht, wegen Anstiftung zu Mord und Irreführung der Rechtspflege, eine Freiheitsstrafe von sechzehneinhalb Jahren. Von einer Verwahrung, wie es der Staatsanwalt bei beiden Beschuldigten gefordert hatte, sah das Gericht aber ab.

Der Tatort im Zürcher Seefeldquartier nach dem Angriff.
Bild: Stefan Hohler

Mit den Urteilen ist das Gericht deutlich unter den Anträgen des Staatsanwaltes gegangen, welche für beide Männer wegen Mordes und weiteren Delikten die Maximalstrafe «lebenslänglich» sowie eine anschliessende Verwahrung verlangt hatte. Staatsanwalt Adrian Kaegi überzeugte die Urteilsbegründung des Richters nicht, wie er nach dem Prozess sagte. Er wird Berufung anmelden und das Urteil voraussichtlich ans Obergericht weiterziehen, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt.

Der Verteidiger von Tobias K. hatte für seinen Mandanten wegen vorsätzlicher Tötung zwölf Jahre gefordert. Der Anwalt des Litauers wollte einen Freispruch. Sein Mandant habe mit der Tat nichts zu tun gehabt. Er sei weder Mittäter noch Anstifter noch Gehilfe gewesen. 

Für das Gericht war es Mord 

Das Gericht begründete das Urteil gegen Tobias K. damit, dass der heute 27-Jährige äusserst brutal vorgegangen sei. «Er hat ohne Vorwarnung auf einen wehrlosen Mann eingestochen. Die Tat kommt einer Massakrierung gleich», sagte der Vorsitzende Sebastian Aeppli. Zudem sei auch das Tatmotiv besonders verwerflich: Tobias K. war nach einem Hafturlaub nicht mehr ins Gefängnis zurückgekehrt und hatte den 41-jährige IT-Spezialisten mit fünf Messerstichen niedergemetzelt. Dies, um die Freilassung des inhaftierten Litauers zu erpressen.

Die Polizei konnte Tobias K. rund sieben Monate später festnehmen. Er hatte im Darknet nach Waffen und Munition gesucht, um weitere Morde zu verüben und seinen litauischen Freund freizupressen. Beim geplanten Waffenkauf war Tobias K. einem verdeckten Ermittler auf den Leim gekrochen. 

Das Gericht sah den Litauer als «geistigen Vater» des Erpressungsplans. Er habe bei der Planung der Tat derart auf Tobias K. eingewirkt, so dass dieser die Messerattacke ausübte. Hingegen könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Litauer bei der Ausführung der Tat einen wesentlichen Beitrag übernommen hätte. Das Gericht sprach ihn daher nicht der Mittäterschaft, sondern der Anstiftung schuldig.

Das Zürcher Bezirksgericht sprach sich gegen eine Verwahrung der beiden Beschuldigten aus.
Bild: Stefan Hohler

Bezüglich der Verwahrung sagte der Richter, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben seien. Die Rückfallgefahr, dass die Beschuldigten weitere ähnliche Taten begehen werden, sei nicht gegeben. Eine Verwahrung sei deshalb unverhältnismässig. 

Eine Landesverweisung, wie sie der Staatsanwalt für den Litauer gefordert hatte, kommt für das Gericht nicht in Frage. Die gesetzlichen Bestimmungen sind erst nach der Verübung der Taten in Kraft getreten und daher nicht anwendbar.