Sie operieren im grossen Stil. Aktuell versuchen Telefonbetrüger in der ganzen Deutschschweiz ihren Opfern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Aus mehreren Kantonen melden die Polizeikorps bereits Geschädigte, die um mehrere zehntausend Franken betrogen wurden.
Das Vorgehen der Betrüger überrumpelt die Opfer und versetzt sie in Schrecken. Die Masche ist immer die gleiche: Die Person am anderen Ende der Leitung erklärt, die Gattin oder der Gatte, die Tochter oder der Bruder sei in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt. Er oder sie habe eine Person totgefahren und würde derzeit in Haft sitzen. Nur mit der Bezahlung einer Kaution von 50’000 bis 80’000 Franken könnte der Unfallversursacher oder die Unfallverursacherin wieder auf freien Fuss kommen.
Die dreisten Betrüger spielen mit der Angst ihrer Opfer und schaffen es so, sie zur Zahlung zu bewegen. Das bestätigen zahlreiche Meldungen der Polizeikorps aus der ganzen Deutschschweiz.
Kanton Baselland – 50’000 Franken
02.02.2023
Ein in Pratteln wohnhafter Rentner (76) erhält auf seinem Festnetz den schockierenden Anruf. Seine Tochter sei in einen tödlichen Verkehrsunfall verwickelt. Zur Bezahlung der Kaution bezieht er an zwei Bankschaltern ingesamt 50’000 Franken. Mit dem Auto fährt er danach in die Stadt Basel, wo er das Geld einem ihm unbekannten Mann übergibt.
Kanton St. Gallen – 30’000 Franken
02.02.2023
Am gleichen Tag händigt eine 86-jährige Frau kurz vor 14.30 Uhr in St. Gallen einer unbekannten Abholerin Geld und Schmuck im Wert von 30’000 Franken aus. Auch sie hat Angst um ihre Tochter, die gemäss den Betrügern einen schweren Verkehrsunfall verursacht habe. Am gleichen Tag kommt es zu weiteren Betrugsversuchen in Goldach, Rorschach, Altstätten, Bazenheid und St.Gallen. Dabei wurde gemäss der Kantonspolizei St. Gallen aber niemand am Vermögen geschädigt.
Kanton Aargau – 70’000 Franken
01.02.2023
Eine ältere Frau händigt im Fricktal einem ihr unbekannten Mann, der sich als Polizist ausgibt, 50’000 Franken aus. Und auch im Limmattal wird ein Rentner Opfer der Masche. Er zahlt 20’000 Franken an einen angeblichen Bankangestellten.

Kanton Zürich – mehrere zehntausend Franken
31.01.2023
Gegen 14 Uhr überreicht eine 64-jährige Frau in Zürich einer ihr unbekannten Person mehrere zehntausend Franken. Auch sie war aufgrund des vorangegangen Schockanrufs völlig verunsichert.
Kanton Luzern – mehrere zehntausend Franken
30.01.2023
Alleine in der Stadt Luzern kommt es an diesem Tag zu 15 gemeldeten Betrugsanrufen. In einem Fall sind die Betrüger erfolgreich. Ein Mann übergibt einer unbekannten Person eine Geldsumme von mehreren zehntausend Franken.
Wer sind die Telefonbetrüger am anderen Ende der Leitung?
Ermittlungs- und Untersuchungsverfahren aus den letzten Jahren zeigen, hinter den Telefonbetrügern steckt das organisierte Verbrechen. Jährlich richten die Anrufer mit unterschiedlichen Maschen Schäden in Millionenhöhe an. Alleine im Kanton Zürich ergaunerten sie 2022 über 6 Millionen Franken.
Zu den Drahtziehern zählen in erster Linie Roma-Clans aus Polen und verschiedene Clans aus der Türkei. Im letzteren Fall wählen sich die Täter meist in der Südtürkei ins Telefonnetz ein. Ermittler konnten die Verbindungen bis zu dortigen Callcentern zurückverfolgen. Die Clans verfügen über ein gutes Beziehungsnetz in die Schweiz und auch nach Deutschland. Das ist auch der Grund, weshalb die Anrufer oft Hochdeutsch und nicht Mundart sprechen.
Nur die kleinen Fische gehen der Polizei ins Netz
Für Schweizer Polizisten ist es schwer, an die Drahtzieher innerhalb der Clans heranzukommen. Während sie im Ausland in Sicherheit sitzen, schnappen die Ermittler bei der Geldübergabe die Kurier («Läufer»), bei denen es sich in der Regel um kleine Fische handelt.
Dass es sich bei der angerufenen Person meist um eine Rentnerin oder einen Rentner handelt, ist Teil des Tätervorgehens. Ganz bewusst suchen sie im Telefonbuch nach Personen mit «altmodischen» Namen wie Ida, Maria, Berta oder Marianne. Denn bei älteren Menschen erwarten die Betrüger weniger Misstrauen und Gegenwehr.