Eine Betrügerbande aus Marokko hat mit täuschend echt wirkenden Postmails ihre Opfer abgezockt. Sie haben zu Lasten von ahnungslosen Kunden Elektronika bestellt. Jetzt wurde ein Betrüger in Zürich verurteilt.

Die Bande hatte zwischen Juli 2017 und Januar 2018 an eine Vielzahl von willkürlich ausgewählten E-Mail Adressen sogenannte Spam-E-Mails verschickt. Wenn die Adressaten auf den Link im Schreiben klickten, gelangten sie auf eine täuschend echt nachgemachte Seite der Schweizerischen Post. Die gefälschte Seite enthielt ein Anmeldefenster zu einem angeblichen Kundencenter, wo die getäuschten E-Mail-Adressaten ihre Kundendaten eingaben. 

Ziel der Bande war es, an die Benutzerdaten der Mail-Adressaten zu gelangen. Damit bestellten die Betrüger im Namen und auf Rechnung ihrer Opfer in Online-Shops Waren, vor allem Elektronika. Die Geräte liessen sie in Hotels und in MyPost24-Abholstationen liefern. Laut Anklageschrift waren die Umleitungen exakt geplant und wurden zeitnah nach Auslösung des Versandvorgangs vorgenommen. 

In einer ersten Phase holten die Täter die Pakete selber ab, nachher rekrutierten sie Abholer, welche das Deliktsgut über die Grenze nach Frankreich und ltalien brachten. Von dort aus schickten die Drahtzieher die Beute per Flugzeug nach Marokko, wo die Geräte verkauft wurden. Der Schaden belief sich auf 160’000 Franken. Hätten alle der 118 Bestellungen funktionierten wäre ein Schaden von 220’000 Franken entstanden.

Am Mittwoch stand ein Mitglied der Bande wegen gewerbsmässigem betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, Urkundenfälschung und Anstiftung zur Hehlerei vor dem Bezirksgericht Zürich. Der 24-jährige Marokkaner war im Oktober 2018 in Spanien verhaftet und im Januar 2020 an die Schweiz ausgeliefert worden. Der Beschuldigte hatte als „Lohn“ für seine Mitarbeit rund 20’000 Euro erhalten. Er musste die Elektronika mittels den Kundendaten bestellen, Abholer anwerben und das Deliktgut an die Drahtzieher in Frankreich weiterleiten. Der 24-Jährige war nicht der einzige der Bande, der verhaftet werden konnte. Zwei weiteren Beschuldigten wird in separaten Verfahren der Prozess gemacht.  

Wieder als Profi-Snooker tätig

Der Prozess vor dem Bezirksgericht Zürich wurde im abgekürzten Verfahren durchgeführt. Das heisst, der Beschuldigte ist geständig und akzeptiert den Urteilsvorschlag der Staatsanwaltschaft. Dabei handelt es sich um die auf Internetkriminalität spezialisierte Abteilung Cybercrime. Der Staatsanwalt verlangte für den Marokkaner eine Freiheitsstrafe von 36 Monaten, wovon er  die Hälfte absitzen soll. Zudem soll er für zehn Jahre des Landes verwiesen werden.

Nach kurzer Beratung akzeptierte das Gericht den Urteilsvorschlag. Der Beschuldigte, welcher seit über 600 Tagen im Gefängnis sitzt, hat den Vollzug der teilbedingte Strafe von 18 Monaten schon abgesessen – sogar 68 Tage „zuviel“. Er wird deshalb dem Migrationsamt übergeben, welches ihn nach Italien ausweist. Er lebt seit 2007 mit seiner Familie in Genua. Der Informationstechniker, welche die Ausbildung abgebrochen hat, will dann in Italien und Marokko wieder als Profi-Snooker an Billiardturnieren tätig sein – wie schon vor seiner Verhaftung in Spanien im Oktober 2018.

Auch gefälschte Post-SMS

Der Fall hat Parallelen zu gefälschten Post-SMS, über welche die Kantonspolizei St.Gallen anfangs Mai informierte. Dabei erhielten Leute ein SMS mit einem Link. Klickt man auf den Link, so gelangt man auf eine ebenfalls täuschend echt gemachte Webseite der Schweizerischen Post. Auch hier versuchten die Betrüger, diesmal aus China, an die Benutzerdaten der SMS-Adressaten zu gelangen, um dann Elektronika zu bestellen